B. Sonstige schädliche StoffeD. Schädigung der Lebensmittel durch chemische Kampfstoffe
Kampfstoffverletzungen
C. Narkose und Eingriffe bei Kampfstoffverletzungen
I. Narkose

166.

Sind bei Kampfstoffverletzungen mit Lungenschädigungen chirugische Eingriffe not-wendig, so ist örtliche Betäubung der Allgemeinbetäubung vorzuziehen. Vorsicht mit Adrenalin bei ausgedehnter örtlicher Betäubung.

167.

Ist örtliche Betäubung nicht ausreichend, so kann Allgemeinbetäubung durch Ein-spritzung von Evipan-Natrium in die Vene durchgeführt werden; vorsichtige Dosie-rung und Technik bei Eingriffen an Mund und Hals. Gegebenenfalls Avertin (Klistier) in vorsichtiger Basisnarkose.

168.

Nach tierexperimentellen Untersuchungen verschlechtert Einatmungsnarkose mit Äther die Aussichten für den Ausgang der Kampfstoffverletzung nicht. Es kann da-her zusätzlich zu der intravenösen oder rektalen Narkose Einatmungsnarkose mit Äther versucht werden. Chloroform ist nicht angezeigt.

 

Bei voll ausgebildetem Lungenödem sollen grundsätzlich nur unaufschiebbare lebens-rettende operative Eingriffe vorgenommen werden. In der Latenzzeit vor dem Lun-genödem ist die Gefährdung geringer.

 

Bei fahlgrauer Verfärbung des Kampfstoffverletzten (Kreislaufschwäche, vergl. Ziff. 23) ist jede Allgemeinnarkose unmittelbar lebensbedrohend.

169.

Bei Verwundeten mit gleichzetigen Kampfstoffschädigungen der Haut bestehen hin-sichtlich der Narkoseart keine Einschränkungen.

II. Kampfstoffvergiftete Wunden
170.

Bei Verwundeten, die mit hautschädigenden Kampfstoffen in Berührung gekommen sind, ist vor chirugischen Eingriffen Entgiftung des Körpers notwendig, um eine Ver-schleppung von Kampfstoff und Schädigung weiterer Personen zu unterbringen. Die Entgiftung muß gegebenenfalls auf der Krankentrage vorgenommen werden.

 

Verbände sind nach Möglichkeit vor der Körperentgiftung zu entfernen und in eine Aufschwemmung von Losantin oder Chlorkalk zu werfen.

 

Am besten wird die Entgiftung nach Entkleidung durch kräftiges Abreiben mit einem der in Ziff. 105 genannten Entgiftungsmittel durchgeführt mit nachfolgendem Ab-spülen mit warmen Wasser. Erlaubt dies der Zustand des Verwundeten nicht, so wird er nach Entkleidung aus einer Gießkanne mit 3%iger Chloramnlösung der mit einer Aufkösung der Hautentgiftungssalbe in der doppelten Wassermenge berieselt und anschliessend mit warmen Wasser abgespült.

 

Behaarte Körperteile, Hautfalten, leicht schwitzende Hautstellen müssen besonders sorgfältig entgiftet werden.

 

Da die Entgiftung von Verwundeten nach Einwirkung von hautschädigenden Kampf-stoffen oft verhältnismäßig spät möglich sein wird, muß bei ihnen trotz Entgiftung mit erheblicher Haut- und auch resorptiven Schädigungen gerechnet werden.

171.

Diejenigen, die mit dem Auskleiden und der Durchführung der Entgiftung beauftragt sind, müssen Gashandschuhe, leiche Gasbekleidung, Gaskittelbekleidung oder eine Gummischürze tragen oder sich eine Gasplane in geeigneter Weise vorbinden. Gas-maske wird in manchen Fällen notwendig sein (bei deutlichem Kampfstoffgeruch und bei Verdacht auf Lost oder Stickstofflost). Kräftiges Einreiben der Hände mit Haut-entgiftungssalbe bietet, falls die Gas-handschuhe verbraucht sind, vorübergehend Schutz.

172.

Gleichzeitige Vergiftung der Wunden selbst durch hautschädigende Kampfstoffe ist oft schwer erkennbar.

 

Abgesehen von der Vorgeschichte gibt der Geruch der Wunden nach Kampfstoff (bei Lost und Lewisit) und frühzeitiges Auftreten von Entzündungserscheinungen – oft schon nach 2 – 3 Stunden –, besonders Schwellung, einen Hinweis. Mit Lewisit ver-giftete Wunden zeigen zunächst eine graue, nach Stunden eine gelblich-rote Ver-färbung.

173.

Die mit Kampfstoffen verunreinigten Wunden sind je nach ihrem Zustand durch Aus-tupfen oder reichliche Spülung mit Lösung der Hautentgiftungssalbe in der 4fachen Wassermenge oder mit 1%iger Kaliumpermanganatlösung sorgfältig zu reinigen. Sind größere Lostmengen in die Wunden gelangt, so kommt die möglichst rasche Anwen-dung der unverdünnten Hautentgiftungssalbe oder einer 5 – 10%igen Chloraminlö-sung in Frage, die etwa 5 – 10 Minuten lang einwirken sollen.

 

Ausscheiden der vergiftete Wunde im Gesunden führt oft zu guten Ergebnissen.

  Die Heilung kampfstoffvergifteter Wunden ist meist verzögert.

B. Sonstige schädliche StoffeD. Schädigung der Lebensmittel durch chemische Kampfstoffe